Montag, 26. März 2007

Big in Marzahn

Im Zuge meiner fortschreitenden Vergreisung besuchte ich am Wochenende nicht etwa Knut, den populären Eisbären sondern Marzahn, den unpopulären Stadtteil, der nicht nur mit Plattenbauten feinster Bauart und größten Ausmaßes besticht, sondern auch einen Erholungspark der Sonderklasse. Als Leftover des DDR- Äquivaltens zur Bundesgartenschau bietet er riesige Gründflächen inmitten von 12- Geschossern, ein Projekt, das nicht halb so sozial-kitschig ist, wie es sich liest, sondern in der Tat ziemlich klasse. Dabei speist sich die Qualität der Grünflächen maßgeblich daraus, das sie im Unterschied zu ihren Artgenossen im Rest Berlins Hunde- und Fahrradfreie Zone sind. Nicht, dass ich es unangenehm fände, in Parks stets die zu besetzende Grasfläche nach Stoffwechselendprodukten diverser mannshoher Hunde zu untersuchen, die mich zum Dabk für diese Umsicht später mehr oder wenig spielerisch anfallen, da ihre minderbemittelten Besitzer eine Leine für Luxus und unangebrachten Drill halten (zumindest wenn es um ihren Hund geht). Aber ein bißchen Abwechslung vom sonntäglichen Survival of the Fittest ist kaum zu verachten, auch wenn es ein paar Minuten dauert, bis man den gewohnten Alarmzustand, der von der Angst, jeden Moment von wahnsinnigen Montainbikern über den Haufen gefahren zu werden, rührt, abzulegen. Bald reiht man sich ein in die Heerscharen von hundelosen Rentnern und die einzigen Fahrzeuge weit und breit sind Rollstühle, angetrieben einzig von der Muskelkraft und dem Elan jüngerer Angehöriger, und wenn die nicht gerade einen richtig schlechten Tag haben, läuft man kaum Gefahr zu Klump gefahren zu werden. Es war also sehr nett und die zwei Euro Eintritt absolut wert, vor allem aufgrund der großartigen „Gärten der Welt“, einzelne, abgegrenzte Gärten, die im Stil eines Landes bepflanzt und bebaut sind. Der chinesische Garten konnte mit einem überteuerten Teehaus, einem malerischen Teich und ziemlich authentisch aussehenden Pagoden punkten. Außerdem sah man darin nichts mehr von den umliegenden Wohnblöcken und wenn man sich einredete, dass das Rauschen der nahen Bundesstraße eigentlich Brandung wäre, fühlte man sich so in Asien, wie man es in Berlin nur sein kann, vorrausgesetzt, man war noch nie im echten Asien, wo vielleicht kein Hahn nach Pagoden kräht und Teiche oder Kirschbäume oder Tee völlig out sind. Wäre dem so, hätte mich das Fernsehen aber jahrelang angelogen, was ja wohl, realistisch betrachtet, völlig unmöglich ist. Demnächst möchte ich übrigens Stars Hollow besuchen, oder die Wisteria Lane oder Connecticut, und wenn mir dort nicht nach 5 Minuten ein italienisch- stämmiger Haushälter begegnet sowie eine nymphomane, rothaarige Großmutter, werde ich weinend nach New York zu Carrie Bradshaw flüchten. Ist eigentlich noch jemanden außer mir aufgefallen, dass RTL2 völlig unauffällig Vera Int-Veens „Ich verschönere Ihre Bruchbude weil Sie krank sind“- Sendung Verona Pooth gegeben hat? „Als Charity verkleidete Menschenverachtung ja, aber bitte in Größe 36 und pink.“, so spricht das gesichtlose Management bei Perrier und Koks. Dann doch lieber Frühverentung.

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