Dienstag, 13. Mai 2008

Ich bin dagegen.

Die Marktforschung, die mich gerüchtehalber für eine "Medienexpertin" hält, lud mich kürzlich ein in meiner Rolle als Auskennerin darüber zu schreiben, was ich so lese und kaufe im Internet. Auch solle ich mal beschreiben, welche Marken mein Lebensgefühl am Besten träfen. Ich musste lange überlegen, bis ich diesen Eintrag verfassen konnte:





Medienexpertise for starters



Mein Name ist definitiv NICHT Constanze Rick, ich besitze auch kein Macbook, auf dem ich versonnen aus falschen Fernsehstudiofenstern schauend herumhacke während ich am Sonntag abend um 22:10 bei Vox Promitratsch verbreite, der bereits seit einer Woche online nachzulesen ist. Womit auch schon beschrieben ist, was ich Nicht-Rick im Internet so treibe: Ich lese zum Beispiel sehr gern die Zelebritäten-Blogs von Perez Hilton und Michael K. (dlisted.com) aber auch das Online-Angebot der schamlosen Schwestern der BILD, der Sun und des daily mirrors. Wenn ich mich wie eine britische Trümmerfrau fühlen möchte, lese ich die online Ausgabe der Daily Mail, wo Diana noch immer eine Schlagzeile wert ist und alle unter 50 erstmal grundsätzlich aller Schändlichkeiten des Planeten verdächtigt werden, noch dazu, wenn sie Kapuzenpullover tragen.Wegen seiner ausgesprochen angenehm-undeutschen snarkiness ist auch das New Yorker Medienklatsch- Imperium von Gakwer inzwischen tägliches Pflichtprogramm, zumindest gawker.com. jezebel.com und defamer.com, auch wenn ich ihnen nie verzeihen werde, dass sie das schreibende Toffeebonbon Julia Allison promotet haben. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich einmal am Tag auch auf der online Ausgabe des Tagesspiegel gucke, was in der Stadt passiert, in der ich wirklich lebe und nicht nur in denen, in denen ich leben möchte, wobei das eigentlich meine große Verehrung für die Heimat des sympathischsten Schnaps-Schlagersängers aller Zeiten Harald Juhnke unter den Teppich kehrt. Also, wenn Lebensgefühl, dann Berlin. Klingt platt, ist aber so. Fühlt sich an wie...in der Mittagspause zwischen B-Promis zu sitzen, sie ignorieren um dann zusammen die Touristen zu verachten. Komisch, dass es diese Beschreibung nicht in die neue Markenkampagne unter dem tollen Slogan "Be Berlin" gebracht hat, womit ich hiermit geschickt übergeleitet hätte auf den letzten Teil der heutigen Frage: Marken: above and beyond. Ich würde mich gerne sehen als jemanden, der relativ abgeklärt ist gegenüber irgendwelchen Strategien, über Marken ein Lebensgefühl zu verkaufen. Bin ich aber wohl definitiv nicht, zumindest habe ich das letzte Woche gemerkt, als ich die soeben gekauften Tommy Hilfiger Schuhe (mit wundervollem Keiabsatz und Schleifen an der Hacke um die von unpraktischen, aber wunderschönen anderen Schuhwerk verschrundeten Füße zu verhüllen) sofort umtauschen wollte, feststellte, dass ich dafür nur einen Gutschein kriege und dann die Möglichkeit in Betracht ziehen musste, ein Hilfiger Shirt oder etwas in der Art zu erstehen. Das passt nun wirklich NICHT zu mir: Segel -und Surfingwear für Menschen, die in Tarifzone B wohnen, damit sie es nicht soweit zum Pferd bzw. zum Boot haben: Ich habe nichts gegen sie, aber ich bin keine von Ihnen. Dann lieber mit Flatrate und flatshoes in Tarifzone A.Zum Schluss noch ein Bild der wundervollen Schuhe, die mich laufen lassen wie Amy Winehouse auf Entzug und die ich deshalb schweren Herzens zurückgeben muss:





In meinem echten Blog kann ichs ja sagen: Ich habe sehr wohl was gegen Menschen in Tarifzone B mit eigenen oder Mietpferden und eigenen oder Mietbooten, die sich mit hochgestellten Hemdkragen und perfekten Pferdeschwanzfrisuren (bei den Frauen, die Männer bevorzugen Gel) am Wochenende aufmachen ins Regina Regenbogen-Land, in denen Papas gute Verbindungen schon immer wichtiger waren als rudimentäre soziale bzw. grammatikalische Qualifikationen. In diesem Zusammenhang sollte ich erwähnen, dass einer der anderen Blogteilnehmer denkt, sein Moped sei von "Simpson". So machtvoll der Wunsch zur Persönlichkeitsschmückung mittels DDR-Folklore auch sein mag: Homer Jay war nun wirklich kein Genosse. Und American Apparel gut zu finden "weil die irgendwie nett zu ihren Angestellten sein sollen" ist auch nicht mehr wirklich state of the art.































3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ich liebe deinen blogeintrag für die marktforschung... und möchte mich dafür mit dir zusammen schreiben lassen...
werde mal recherchieren wie das bei den anderen so ankommt.

Anonym hat gesagt…

hach, wie immer: i love you.

du schreibst so toll.
ich fühle mich immer ganz klein mit hut neben dir.

du brauchst UNBEDINGT eine art von kolumne, die einer breiteren öffentlichkeit zukommt. echt echt echt!

Anonym hat gesagt…

Auch ich wünschte, ich hätte das Internet so sehr verstanden, dass ich mit meinem Menschheitshass Geld verdienen könnte. Und ich danke für die lobenden Worte: Das Brot des Bloggers!