Samstag, 21. März 2009

I Heart LDN

Gerade wollte ich wieder schreiben, dass das Frühjahr mich stets in die Zwickmühle bringt, zwischen Freude ob Helligkeitsdauer (endorphinbedingt Glück ohne sozial und finanziell problematische Induktion mittels Alkolika) und Trauer ob derselben (sozialer Ausgehdruck) zu entscheiden. Dann fiel mir ein, dass ich das schonmal getan habe, mindestens letztes Jahr. Und dann fiel mir ein, dass das mit dem Ausziehen-sobald-die-Temperatur-über-5-Grad-steigt-und-der-Welt-blanke-Haut-ohne-Rücksicht-auf-deren-Zustand-zumuten vor allem im von mir hochgeschätzten Britain zu finden ist, was mich wirklich nicht davon abhalten kann, dieses Land in all seiner Obskurität zu schätzen. Der letzte, hier angedeutete Kurztrip, änderte daran nichts, auch und vor allem, weil ich nicht Opfer eines knife-crimes wurde sondern das Kriminellste, was mir begegnete der Diebstahl der Oystercard des Mitreisenden sowie die Wechselkurse auf der Oxfordstreet waren (die aber, wie sich herausstellte, offenbar Verhandlunssache sind. Wir bekamen nach 20 Sekunden Gesichtverziehen und Geldscheine wegnehmen widerspruchslos einen deutlich besseren Kurs angeboten. Dies stärkte mein ohnehin nur brüchiges Vertrauen in die internationale Finanz-und Währungssystematik nicht wirklich).
Nicht mal im Nachtbus, der uns aus dem großartigen GAY Late aus dem tiefsten West End ins Hotel brachte, ging es irgendwie so zu, wie es mich die "I was knifed in a Nightbus for looking at the...driver!"-Stories aus meiner Lieblingsinformationsquelle, dem "Love it!"-Magazin (70 pence, und jeder davon ist sein Geld wert...Überschriften wie "My dog exploded doing a wee!" oder "Help me, I´m shrinking!" erübrigen jede Diskussion über publizistische Notwendigkeit.) kannte. Beim Versuch, dieses göttliche Heft käuflich zu erwerben war ich, genau wie beim letzten Mal in London, als ich versuchte, ein "Hello!"-Magazin (sowas wie die BUNTE, nur deutlich schamloser im Erkaufen der Homestories bedeutungsloser d-lister) zu kaufen, erneut von einem südostpazifisch migrierten Kioskbetreiber skeptisch bis angewidert gemustert worden. Gut, ich hätte es vielleicht nicht als "newspaper" bezeichnen sollen. Trotzdem kann ich auf die moralischen Urteile dieser Herren verzichten. Ich nehme an, es handelt sich bei ihnen um hardcore Diana-Fans, die immer noch denken, die Paparazzi und nicht die Gurtallergie der Königin der Herzen habe zu ihrem Frühableben geführt. Anyway.
Der Besuch im GAY-Late zählte unbestritten zu den Highlights eines an Highlights nicht armen Kurzaufenthalts (ZDF-Sprech)...man muss sich das vorstellen wie die Busche , wobei Andrea Berg durch Lady Gaga und die Frauen mit Bürstenhaarschnitten aus Marzahn mit attraktiven Gays, die Heteroladies schamlos, aber durchaus freundlich komplementieren (ich nehme an, es hat irgendwas mit Brüsten zu tun) , ersetzt werden. Es ist also im Grunde genommen die beste Tanzgelegenheit aller Zeiten, auch und vor allem aufgrund der für die Partnersuche bzw.- entledigung an der Bar konzipierten SMS-Bildschirme:

Hinweis: Ich bin nicht Benny und die Reisebegleitung hat auch nicht die Gelegenheit genutzt, die Paßform des Reproduktionsorgans eines AJs näher zu beschreiben, auch wenn ich das für die Zukunft nicht definitiv ausschließen würde.



Ja, ,meine zauberhafte Reisebegleitung ließ es sich nicht nehmen, mich ganz so, wie es die 18jährigen heute tun, zu bespaßen. Ich schätze dies sehr, appelliert es doch an meine Angst vor dem Alter, der ich mit einem geheimem Fonds für eine Botoxflatrate souverän zu begegnen gedenke.
Die Feierei war eine gute Voraussetzung für die Prime Ministers Questions, die am nächsten Morgen anstand: Aufgedunsen, konfus und restalkoholisiert machte uns weder die kürzeste, aber gründlichste Sicherheitskontrolle aller Zeiten (ICH hätte mich mit diesem Foto auf meinem provisorischen Besucherausweis nicht reingelassen...es hatte etwas sehr Vampirhaftes), noch der Fakt etwas aus, dass wir gefühlte 20 Minuten auf einer Wendeltreppe irgendwo in den Untiefen Westminsters zusammen mit nerdy wirkenden Politikpraktikanten harren mussten bevor wir auf der public gallery hinter kugelsicheren Glas endlich James Gordon Brown dabei zusehen durften, wie er die Forderungen diverser Parlamentsangehöriger z.B. nach mehr Geld für die britische Post relativ charmant abschmetterte. Dabei trug er einen Stapel loser Blätter mit Post-Its in allen Farben des Regenbogens sowie beschriftete Hände zur Schau, seine Notizen waren, wie sich beim näheren Hinsehen entpuppte, in der riesigen Krakelschrift eines Mannes geschrieben, dessen 50%ige Sehbehinderung ihm offenbar eine Leidenschaft für Filzstifte als Schreibinstrumente eingehandelt hatte. Ich fand und finde dies sehr sympathisch, muss ich doch stets meine mit Stift verschmierten Handseiten als Linkshänder-Problem begründen (schieben, nicht ziehen), wobei ich die Vermutung hinter der Stirn der Fragesteller, ich hätte einfach nur Spaß daran, mir mit Kugelschreiber die Hand zu bemalen, direkt sehen kann.
David Cameron war besser aussehend als vermutet, er trug kein Schwarz obwohl es die Hälfte der Zeit um seinen kürzlich verstorbenen Sohn ging und musste sich sein Wasser nicht selbst einschänken, das machte ein Büttel neben ihm. Außerdem werden die Fragen von 3 Personen in Perücken moderiert, wobei es sich leider nicht um ordentliche Elvis- oder Marilyn-Haarteile handelt sondern um deren unglamouröse Schwestern, die gepuderten Antik-Locken, die ich schon in "Ein Fisch namens Wanda" an Archie Leach bewunderte:


Es war hervorragend zu sehen, wie eine Frau mit einem losen Perückenteil auf dem Kopf eine Frage mit den Worten "Unfair question!" abwies. Noch hervorragender war es, dem ritualisierten Rufen zwischen Regierung und Opposition beizuwohnen. Es ist so, dass, wenn immer einer der Gegenseite sich äußert, die anderen mit einem zustimmenden Ja-Ja-Grunzen (Thema "Weltfrieden, Trauer, Terror ist schlecht") oder aber einem empörten Protest-Grunzen (Labour: "Mehr Staatsausgaben", Tories: "Sparen, sparen, sparen, sparen.") antworten. Das ist sehr theatralisch und insofern faszinierend, als dass man nicht genau ausmachen kann, WIE sie die Geräusche machen. Die Münder blieben nämlich, soweit ich das beurteilen konnte, geschlossen.
Ich vermute, es handelt sich um ein rein britisches Phänomen, um eine Fähigkeit, die ihnen in die Wiege gelegt wurde. Dies sowie die Vorliebe für Schabernack in der Straßenbeschilderung lassen mich stetig mehr in Liebe mit ihnen sein.

Montag, 9. März 2009

Britain or bust

Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz:
Der für morgen anstehende Kurzurlaub im Land des frittierten Frühstücks wird
a) nicht stattfinden, weil ich die Bahn und damit den Flieger verpasse
b) stattfinden und mich völlig ruinieren
c) stattfinden aber mir meinem Tod durch das Butterflymesser eines gelangweilten, unterprivilegierten britischen Teenagers enden, der mich für seine Bewährungshelferin/Stiefmutter/Feindin hält, einzig, weil ich so blöd war, Augenkontakt aufzunehmen.
Ja, seitdem ich weiß, dass ich nach London reise, plagt mich die Angst, dort Opfer der seit wenigen Jahren erheblich in seiner Beliebtheit bei dem zustechenden Teil der Bevölkerung gestiegenen Funsport des Knife Crimes zu werden. Ein Kollege, der es sicherlich nur gut meinte, versuchte mir die Angst zu nehmen, indem er heute meinte: "Du bist doch eh zu alt um in einem Gangkampf erstochen zu werden.". Was er nicht weiß ist, dass das einzige, wovor ich mehr Angst habe, als erstochen zu werden, ist, alt zu werden. Diese Ängste ergänzen sich insofern ideal, als dass ich mich konsequenterweise erstechen lassen müsste um die Angst vor dem Alter zu...äh...besiegen.
Oder so ähnlich. Zumindest müsste ich diese dann nicht mehr haben. Und die andere auch nicht, weil ich ja dann tot wäre.
Da wir alle wissen, dass ich morbide Scherze mache *nervöses Lachen*, hier ein paar weitere Updates meines aufregenden Jetsetlebens, das seinesgleichen ansonsten nur in Gestalt von Gisela Muth, der Wiedergängerin Anke Engelkes´ Ricky-Parodie findet, wobei sie sich nicht nur faul auf dem Möbellackimperium ihres Ehemannes ausruht, sondern auch in Charity und Design macht:

Geschickt, wie sie den Paillettenanzug mit Tüllschärpe und silbernen Plastik-Plateau-Schuhen kombiniert. Keine Frage, dass ich in diesem Aufzug begraben werden möchte. Die Schärpe könnte die Gedärme zusammenhalten. Aber ich wollte ja die Messergeschichte vergessen. Also schön. Mein aufregendes Leben bestand in den letzten Wochen aus Theater(wer hätte ahnen können, dass die Staatsoper das Theater am Kurfürstendamm um Längen schlägt? Nicht nur, was die Fußflinkheit ihrer Besucher angeht, auch die Inszenierung wirkte so, als hätten alle Beteiligten gemerkt, dass das Jahr 1815 vorbei ist. Was ich für das Komödienstadl am Kudamm nicht behaupten kann.), Musik (Robyn im Postbahnhof, ein Vergnügen, wenn nur die Fans nicht wären, die es vorziehen, ein Konzert durch die Linse ihres Spaßtelefons zu sehen als einfach mal das zu genießen, wofür sie 20 Euro bezahlt hatten: Die verdammte Show LIVE zu sehen und wirklich zu SEHEN und nicht aufzuzeichnen), Yoga (Ja, nicht mal den Drehsitz krieg ich noch hin. Ich bin offiziell ein körperliches Wrack), Brotarbeit sowielächerlich oberflächlichen Vorbereitungen einer vierstündigen schriftlichen Prüfung über Fernsehtheorien, die ich in einer Beschreibung meiner Lieblingssendungen enden sehe. Und das ist in diesem Fall keine Erfolgsaussicht, es sei denn, der Prüfer steht so auf "Bauer sucht Frau" wie ich und gibt Boni dafür, dass man den "gemütlichen Rinderwirt" vom "Harzer Pfundskerl" unterscheiden kann. Ich bezweifle es.
But then again, maybe I won´t live to fail.
NOT.
Ich plane mindestens zu überleben bis ich mein 80% sicheres Ticket für die Question Time mit James Gordon Brown am Mittwoch eingelöst habe. Richtig, dass ist diese Sitzung im britischen House of Commons, wo der Regierungschef schamlos angepflaumt wird von seiner Opposition. Das muss ich sehen. Ich plane, selbst einige Fragen einzubringen, so z.B., was Gordon von Frank-Walter hält, ob er wirklich blind ist auf einem Auge (ich werde ihn mit einem Buch bewerfen wie einst Michael Bluth in Arrested Development, als er die falsche Blindheit der Staatsanwältin beweisen wollte, die ausgerechnet in diesem Moment wirklich nichts sah, da sie Parfüm in die Augen gekriegt hatte als Tobias Fünke, der große Analrapist, sich gegen ihren Baseballschläger selbstverteidigt hatte...Ja, ich habe mein Leben an den Fernseher verschenkt) und ob er denkt, er wird mal beliebter sein, wenn er nicht mehr regiert (siehe Jimmy Carter). Das sind alles sehr gute Fragen, die ich hoffentlich ohne unschöne Begegnung mit dem Sicherheitsdienst beantwortet kriege.
Falls ich es dann kann, werde ich hier darüber berichten, wie die Sache ausging.
Bis danhin: Konichiwa, bitches.

Sonntag, 1. März 2009

Jeden Tag ein Grund zu Feiern

Random story of the day: Mich träumte, Wolfgang Tiefensee würde mein Geburtstagsfest ausrichten. In meinem Traum war er circa 1,50 Meter groß und irgendwie so halb in mich verknallt, zumindest versicherte er mir mehrfach nachdrücklich, "diese eine Liegenschaft vom Bund" für meine Fete und mich sichern zu können. Die "Liegenschaft" bestand dann aus einer Gastwirtschaft, wie man sie gerne im ländlichen Ostdeutschland findet, d.h. sie wurde das letzte mal 1970 eingerichtet. Von blinden Furnierenthusiasten. Das Fest kam irgendwie auch nicht richtig in Gang, die weißbeschürzten Kellnerinnen, die massenhaft orangene Luftballons aufhingen, waren die enthusiastischsten Teilnehmer des Abends. Ich hoffe, dies ist kein Omen für das echte Fest, das ich dieses Jahr unter dem Motto "Eine betrunkene Sedgway-Fahrt in Affenmasken durch Berlins Regierungsviertel" steigen lassen möchte, wobei das Motto wörtlich zu nehmen ist.





Ich kann bei Interesse übrigens haarklein auseinanderklamüsern, welch glamouröse Detail meines aufregenden Lebens mein Unterbewusstsein zu jener Melange des Grauens animierte, bis hin zu den orangenen Luftballons. Das ist bedenklich, daher sofortiger Themenwechsel. Lektion der Woche: Facebook ist eine Oase der passiv-aggressiven Beschäftigungstherapie. So wurde ich kürzlich schnöde entfreundet nachdem ich gewagt hatte, der Selbstausbeutung eine Grenze zu setzen und eine Bitte um Pressetexte, die mit den Worten "Ich habe mir bereits ein paar Interviewfragen selbst gestellt." eingeleitet wurde, höflich abzulehnen, auch und vor allem weil es das Privileg nicht-bezahlter Arbeit ist, dass man im Gegensatz zu Erwerbsarbeit Egotritte (wie die sehr zutreffend in einem wundervollen Blogpost nebst Kommentaren beispielhaft geschilderten worst jobs ever) nicht in Kauf nehmen muss sondern mal probeweise aufrecht gehen kann. Soll heißen: Wenn ich schon den Luxus habe, mir angesichts Wir-arbeiten-hier-alle-auf-Freundschaftsbasis meinen Ausbeuter aussuchen zu dürfen und dabei nicht dumpfer Auftragserfüller bin (zumindest nicht in meinem Verständnis von kreativer Arbeit), dann tu ich das. Wenn das einer ohnehin eher losen echt-Bekanntschaft den virtuellen Todesklick gibt, bitteschön. Infantilität gibts eben nicht nur offline.
Ansonsten bin ich jetzt scheinfrei und das mit 1,0 in der letzten Hausarbeit meines (Erst?-)Studiums. Es fühlt sich seltsam nichtssagend an. Mit anderen Worten: Ich bin innerlich völlig tot. Das konnte ich auch gestern abend feststellen, als ich bei den mittels erfolgreich erramschten Restkarten für Faust in der Staatsoper statt ergriffen der Musik zu lauschen einzig die Ähnlichkeit Mephistos mit Mark Medlock bzw. Fausts mit Max Medina aus den Gilmore Girls bewunderte.




Immerhin: Meine Sitznachbarin berichtete danach, sie habe 3,5 Stunden versucht die "Knoblauchpupse" ihrer anderen Nachbarin zu ignorieren wobei sie noch "dankbar" für die Knoblauchnote gewesen sei. Wieder ein Grund, dankbar zu sein: Das Losglück, was meinen Platz blähungsunbehelligt lies.